Für Unternehmen wie Verwaltungsbehörden haben öffentliche Auftragsvergabeverfahren eine strategische Dimension und unterliegen immer flexibleren und stärker gesicherten Prozessen. Vor diesem Hintergrund hat die französische Regierung schrittweise die Dematerialisierung öffentlicher Aufträge eingeführt, die – seit Ende 2018 – für alle öffentlichen Aufträge über 25 000 € v. St. vorgeschrieben ist. Eine Entscheidung, die zahlreiche Vorteile mit sich bringt, insbesondere im Hinblick auf die Vereinfachung der Verfahren und die Kostenreduzierung, aber auch die Nutzung einer geeigneten Lösung erfordert, wenn eine Unterschrift für digitalisierte Dokumente notwendig ist. Was sagt das Gesetz zu diesem Thema? Wie kann eine elektronische Signatur auf im Rahmen von öffentlichen Aufträgen ausgetauschte Dokumente gesetzt werden und wie hoch ist das Sicherheitsniveau? Das wollen wir uns jetzt anschauen.
Dematerialisierung öffentlicher Aufträge: Was sagt das Gesetz?
Ein öffentlicher Auftrag ist per Dekret vom 23. Juli 2015 als ein Vertrag definiert, der „entgeltlich von einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern mit einem oder mehreren Wirtschaftsakteuren abgeschlossen wird, um den Bedarf der Auftraggeber an Bauarbeiten, Lieferungen oder Leistungen zu erfüllen“. Im Wesentlichen umfasst ein öffentlicher Auftrag also einen öffentlichen oder privaten Auftraggeber (Staat, Gebietskörperschaft, öffentlicher Betrieb …) und einen Wirtschaftsakteur (Gesellschaft, Unternehmer, Dienstleister …), der sich an einer Ausschreibung beteiligt.
Welche öffentlichen Aufträge sind von der Dematerialisierung betroffen?
Alle juristischen und natürlichen Personen sind berechtigt, sich um die Vergabe eines öffentlichen Auftrags zu bewerben. Die Gesetzgebung sieht jedoch die Anwendung spezieller Verfahren vor: Bei allen öffentlichen Aufträgen mit einem Betrag über 25 000 € vor Steuern muss der Austausch von Dokumenten dematerialisiert werden. Das betrifft alle Dokumente für die Ausschreibung, Schriftstücke zu den Angeboten und Bewerbungen, den Schriftwechsel mit den öffentlichen Auftraggebern (Informationsanfragen, Verhandlungen etc.) sowie die nach dem Entscheidungsprozess versandten Benachrichtigungen (zum Beispiel Mitteilung an einen Bewerber über die Annahme oder Ablehnung seines Angebots). Alle Vorgänge werden auf der speziell für das öffentliche Auftragsvergabewesen vorgesehenen Plattform PLACE über das Profil des betroffenen Auftraggebers abgewickelt.
Unter 25 000 € v. St. ist die Dematerialisierung nicht vorgeschrieben, aber die öffentlichen Einrichtungen können sich trotzdem für einen Online-Austausch entscheiden, um den Prozess zu vereinfachen, zu optimieren und die Kosten zu reduzieren.
Dematerialisierung und elektronische Signatur
Im Rahmen der vorgeschriebenen Dematerialisierung sieht das Gesetz ebenfalls die Verwendung der elektronischen Signatur vor, wenn diese für ein online übermitteltes Dokument erforderlich ist. Bewerbungen und Angebote brauchen jedoch in der Regel nicht unterzeichnet zu werden, es sei denn, der Auftraggeber verlangt dies. Die Validierung des Zuschlags bei der öffentlichen Auftragsvergabe hingegen muss unterzeichnet werden: handschriftlich für gedruckte Dokumente, elektronisch für auf dematerialisiertem Wege übermittelte Dokumente. Alles in allem entscheidet also die Art der Dokumentenübermittlung darüber, welche Unterschrift erforderlich ist.
Jetzt wollen wir uns anschauen, was passiert, wenn eine elektronische Signatur vorgeschrieben ist.
Elektronische Signatur im Rahmen des öffentlichen Auftragsvergabeverfahrens: Wie funktioniert das?
Wenn der Auftraggeber für die Unterzeichnung der im Rahmen eines öffentlichen Auftragsvergabeverfahrens ausgetauschten Dokumente eine elektronische Signatur vorschreibt, muss diese Unterschrift gemäß den Bestimmungen im Erlass vom 22. März 2019 erfolgen.
Schauen wir kurz auf den Inhalt dieses Erlasses: Er enthält präzise Angaben zum Unterzeichnungsprozess der elektronischen Signatur von Dokumenten im Rahmen öffentlicher Aufträge. Das Gesetz sieht die Verwendung einer digitalen Unterschrift vor, die auf einem qualifizierten Zertifikat beruht.
Voraussetzungen für die elektronische Unterzeichnung von Dokumenten eines öffentlichen Auftrags
Diese Unterschrift muss zwei Voraussetzungen erfüllen:
- Sie muss die Anforderungen der eIDAS-Verordnung erfüllen, da es sich um eine fortgeschrittene elektronische Signatur handelt,
- und auf einem qualifizierten elektronischen Zertifikat beruhen, das einer mindestens mit dem Sicherheitsregelwerk RGS (Référentiel Général de Sécurité) gleichwertigen Norm entspricht und von einer Zertifizierungsbehörde nach Identitätsüberprüfung des Antragstellers ausgestellt wird.
Vorteile der elektronischen Signatur
Die Inanspruchnahme einer qualifizierten elektronischen Signatur ermöglicht die Zuordnung dieser Unterschrift zu einem bestimmten Unterzeichner; in der Regel handelt es sich dabei um eine natürliche Person, die eine juristische Person repräsentieren kann.
Für den Auftraggeber ist diese Vorgehensweise ein Vertrauens- und Sicherheitsbeweis, da die fortgeschrittene Unterschrift einem der höchsten, von der eiDAS-Verordnung vorgesehenen Sicherheitsniveaus entspricht. Das Zertifikat, das im Vorfeld beantragt werden muss, ist zwingend vorgeschrieben, ordnet die Unterschrift eindeutig dem Unterzeichner zu, identifiziert letzteren zweifelsfrei und garantiert die Integrität der unterzeichneten Dokumente, da spätere Änderungen erkennbar sind. Und schließlich erfolgt die elektronische Signatur über ein Unterschriftstool, das vom Unterzeichner, der Inhaber des Zertifikats ist, ausgewählt wird. Zum Schluss wollen wir noch darauf hinweisen, dass der Auftraggeber in seinem Profil angeben muss, ob er eine elektronische Signatur vorschreibt, für welche Dokumente und mit welchem Sicherheitsniveau (Niveau * bis *** gemäß RGS). Das sind die Regeln, die für die Teilnahme an dematerialisierten öffentlichen Auftragsvergabeverfahren gelten.